Kurt Florian 

Wirklich ein Mann für viele Fälle

2011.Kurt Florian

(kgc). Als der Ronsdorfer Heimat- und Bürgerverein am 30. April 2008 seinen 50. Geburtstag feierte, wurde den Gästen klar, dass in dieser langen Zeit nur drei Vorsitzende den Jubilar geführt und geprägt haben: anfangs Wolfgang Hellmig, von 2003-2008 Alexander Schmidt. Dazwischen, die Hälfte der Zeit, 25 Jahre, geht auf das Konto von Kurt Florian, der sich in den Jahren davor und danach in der zweiten Reihe ganz und gar uneigennützig in den Dienst der bürgerschaftlichen Sache gestellt hat.
Bergisches Völkchen
Im Tal der Wupper spricht man von den Ronsdorfer und Cronenbergern als schwierigen „Völkchen“, mit denen schwer warm zu werden ist. Die Ehre, sich Ronsdorfer nennen zu dürfen, muss man sich angeblich verdienen. So weit die Vorurteile. Keine Einbildung, sondern Tatsache ist, dass die Menschen im Wuppertaler Süden stolz auf ihre Stadt – die Ronsdorf heißt – sind und 1929 nicht freiwillig, aber schuldenfrei. Großstädter geworden sind. Als Zugereister hat sich Kurt Florian das Vertrauen der Ronsdorfer erarbeitet und erworben!

Kritik statt Dank
Obwohl seit 1963 im Heimatbund, dem Vorläufer des Heimat- und Bürgervereins, engagiert, schützt der enorme Zeit- und Energieaufwand augenscheinlich nicht vor Kritik, frei nach dem Motto „Undank ist der Welt Lohn“. Beweise dafür lieferten 1999 die Diskussionen um die geplante Tiefgarage unter dem damaligen Marktplatz und Florians Konzeptideen für die Neugestaltung des heutigen Bandwirkerplatzes. Manchmal geraten führende Bürgervereinsvertreter ohne eigenes Verschulden ins Blickfeld der Öffentlichkeit und in die Schusslinie unterschiedlicher Interessen.
Wiege in Elberfeld
Verdienste sind schnell vergessen. Viele Ehrenamtliche in Ronsdorf, wie Kurt Florian, wissen, dass man die Motivation für sein Handeln anderswo gewinnen muss. Wie andere Mitbürger ist Kurt Florian zugereist. Seine Wiege stand am 22. Juni 1931 in Elberfeld. Nach den Luftangriffen auf Wuppertal besuchte er die Schule im ostpreußischen Königsberg, wo die Familie des Vaters zuhause war. Hier ging an es Wochenenden in großer Gemeinschaft hinaus zur Kurischen Nehrung, wo er seine Liebe zum Segelfliegen entdeckte. Die Realschule schloss er mit der Mittleren Reife ab. Gerne wäre der junge Kurt Flieger geworden oder hätte sich der Elektrotechnik zugewandt, doch der Vater riet zum bodenständigen Beruf, den notwendigen Wiederaufbau der Städte. Der Lehre als Maurer, während der Zeit er die Fachschulreife erwarb, schloss sich ein Architekturstudium an der Wuppertaler Staatsbauschule, heute Bestandteil der Bergischen Universität, an. Seine erste Tätigkeit als frischgebackener Ingenieur in einer Bauunternehmung konnte ihn nicht lange befriedigen und so wechselte er 1957 in das Büro des Architekten Rolf Jährling, der gleichzeitig die Kunstgallerie „Parnass“ in der „Alten Freiheit“ betrieb, über. Neben Architektur, Plastik, Bühnenkunst, Photographie, Vorträge, Diskussionen, fanden in dem Atelier Happenings und Lesungen statt. Die Begegnung mit zahlreichen nationalen und internationalen Künstlern – Alexander Calder, Friedrich Werthmann, Emil Schumacher, Bernard Schulze sowie Wolf Vostell mit seiem 24 Stunden Happening mit Akteuren wie Joseph Beuys und anderen, prägten Kurt Florian für seinen weiteren Lebensweg und seine Liebe zur Kunst.

Auf Ellers Spuren
1958 zog Kurt Florian mit seiner Frau Renate, die er 1955 geheiratet hatte, und dem 1957 geborenen Sohn Peter (er ist auch Architekt geworden) nach Ronsdorf, wo er in den 1960er Jahren ein Architekturbüro betrieb. Einige Häuser im Toelleturm-Viertel tragen seine Handschrift, ansonsten kamen Aufträge aus Industrie und Gewerbe. Angeregt durch seine Frau, die vor der Ehe bei einer Wuppertaler Tageszeitung beschäftigt war, betätigte er sich außerdem als freier Journalist und berichtete über lokale Ereignisse im Ortsteil Ronsdorf, bis zur Auflösung des Mediums. Im folgenden Jahrzehnt wandte sich der Autodidakt (der sich auch alle Computerkenntnisse selbst erarbeitet hat) der Steuerung von Großprojekten zu. Solche Aufträge kommen den organisatorischen Fähigkeiten und dem Talent zum Management entgegen. Bei einem Studium an der TH.- Karlsruhe ergänzte Florian sein Fachwissen auf den Gebieten: „Learning and Innovations in Networks“ sowie Research Training, das er beispielsweise für eine Firma in Hannover, die sich mit Großprojekten beschäftige, benötigte und leitete die Außenstelle der Projektsteuerung für den Bau der Uniklinik Münster. Nach dem Konkurs des Unternehmens wurde er vom Land Nordrhein-Westfalen übernommen und wirkte im Finanz-, Städtebau- und Verkehrsministerium bis zum 65. Lebensjahr im Jahr 1996. Viele Kontakte konnte er erhalten und gründete mit ehemaligen Kollegen die Bundesvereinigung der Sachverständigen für nichtmilitärische Schießanlagen, die sich für die Sicherheit auf privaten Schießständen einsetzt. Gleich nach dem Abschied aus dem öffentlichen Dienst hat er sich wieder selbstständig gemacht und betrieb ein Architekturbüro mit dem Schwerpunkt Gutachten im Bauwesen und als Sachverständiger für Schießanlagen. Die gute berufliche Basis ermöglichte Kurt Florian ein langjähriges gesellschaftliches Engagement zum Wohle der Ronsdorfer Mitbürger. Seiner Tätigkeit als freier Journalist ist er treu geblieben.
Urgestein des Heimat- und Bürgervereins
1963 wurde Kurt Florian Mitglied im 1958 gegründeten Ronsdorfer Heimatbund. Als dieser sich 1967 in Heimat- und Bürgerverein umbenannte, war Florian bereits zwei Jahre 3. Vorsitzender. Zum 2. Vorsitzenden wurde er 1970 gewählt. Ab 1978 leitete er den Bürgerverein 25 Jahre! Sicher gehört zu seinen Verdiensten das über Jahre bewährte Zusammenwirken mit der Bezirksvertretung Ronsdorf. Die Verantwortlichen im Wuppertaler Rathaus taten sich schwer mit der Gesetzesauslegung, damit der H.u.B. ein ständiges Mitglied in die BV entsenden kann.
Unbeachtet von Formalitäten redet der Bürgerverein durch seinen Vorsitzenden mit und nach der Gründung der Interessengemeinschaft „Wir in Ronsdorf“ (W.i.R.) haben sich die drei Organisationen zum „Forum Ronsdorf“ zusammengetan, um die Stadtteilentwicklung voranzutreiben. Aus einer Arbeitsgemeinschaft von Museen, in der Florian, das Bandwirkermuseum Ronsdorf vertritt, gründete sich 1998 das „Netzwerk Industriekultur Bergisches Land“, welches das Bewusstsein der reizvollen Industrie-Kulturlandschaft mit touristischen Routen und Ausstellungen fördert. Als Vorstandsmitglied organisierte er über den Jahreswechsel 2009/10 im Sparkassenforum Wuppertal die Wanderausstellung „Mit Feuer und Wasser“, eine Ausstellung, die die Themenbereiche der angeschlossenen Museen (12 an der Zahl) im Bergischen Land und im Ruhrgebiet vermitteln soll. Im Rahmen der Herausgabe von Publikationen des „Netzwerk Industriekultur Bergisches Land“ zur Frühindustriealisierung hat Kurt Florian 2014 die Broschüre: „Von der Erde bis zum Mond Ronsdorfer Bänder umspannen die Welt“, herausgebracht; ein umfassendes Bild der – Ronsdorfer Hausbandwirkerei – über die historische Entwicklung des Ronsdorfer Bandwirkergewerbes.

Erinnerung bewahren
Ronsdorfs Lebenswertigkeit resultiert nicht nur aus den gegenwärtigen Bemühungen der Bürgerinnen und Bürger, sondern liegt außerdem in der Vergangenheit begründet. Den Anfang machte Elias Eller 1745 als Gründer und erster Bürger der Stadt Ronsdorf und Gründer der evangelisch-reformierten Gemeinde. Am Standort seines damaligen Wohnhauses („Stiftshütte“) an „Kleins Ecke“ (Staas-/Marktstraße) initiierte Kurt Florian einen Gedenkstein. Den Opfern des Zweiten Weltkrieges (1939-1945)wurde im Stadtgarten gegenüber von Denkmal für die Opfer des Ersten Weltkrieges (1914-1918) ein Denkmal in Form eines Findlings gesetzt. Auch für die Erinnerung an die Ronsdorf-Müngstener Eisenbahn neben dem Stadtbad am Stadtbahnhof in Form von Achse und Tafel gab Kurt Florian den Denkanstoß. Wie auch für die Offenlegung des Leyerbaches im Ascheweg nach Freiburger Vorbild.
Ronsdorf ist Wuppertals wichtiger Baustein
Ronsdorfer Interessen vertritt Kurt Florian in der Stadt Wuppertal, als 2. Vorsitzender und Ehrenvorsitzender des Stadtverbandes der Bürger- und Bezirksvereine. Gemeinsam mit Werner Zanner betrieb Florian ab 2007 die Redaktion des Stadtechos, der Zeitschrift des Stadtverbandes, die er nach Zanners Tod weiterführt. Zwar ist Ronsdorf wichtiger Bestandteil der über 80-jährigen Stadt Wuppertal, doch ist eine Liebesbeziehung aus der unfreiwilligen Zweckgemeinschaft nicht geworden. Zwei Beispiele: Ortspolitiker sprechen zuweilen von „denen, da unten im Tal“ und noch heute ziert eine gelbe Tafel „Ronsdorf statt Wuppertal“ ein Ronsdorfer Schaufenster. Florian kennt die Aussage vom „kalt geschweißten Zusammenschluss“. Die Tendenz zur Eigenständigkeit ist stets geblieben und deshalb ist es kein Wunder, dass bei den Ronsdorfern 1999 keine echte Geburtstagsfreude aufkam, als am 31. Juli an einen „langen Tisch“ entlang der Talachse Wuppertals 70. Geburtstag gefeiert wurde. Durch die desolate Haushaltslage im Jahr 2009 der Stadt Wuppertal gehen auch Sparmaßnahmen an Ronsdorf nicht spurlos vorüber unter anderem die Schließung des Stadtbades. „Zwei Seelen sind in meiner Brust“, so Florian, denn auf der einen Seite vertritt er vehement die Interessen von Ronsdorf, doch auf der anderen Seite muss er für den Stadtverband der Bürger- und Bezirksvereine das allgemeine Wohl von Wuppertal vertreten. Den Übergang vom Stadtbad zum bürgerschaftlichen „Bandwirker-Bad“ gestaltete Kurt Florian aktiv mit. Als Beisitzer ließ er sich wieder einmal in die Pflicht nehmen und versorgt die Medien mit „Futter“.
Organisation ist alles
Sein organisatorisches Geschick kann Kurt Florian bei Planungen für die zweijährigen „Ronsdorfer Liefersäcke“, die seiner Idee entspringen und ihm den Spitznamen „Mister Liefersack“ einbrachten, ebenso einbringen, wie für die Mitgliederfahrten des Heimat- und Bürgervereins. Unter dem Dach der dezentralen Geschichtswerkstatt des Bergischen Geschichtsvereins konzipierte er gemeinsam mit Günter Konrad die Ronsdorfer Route und führt regelmäßig interessierte Bürger auf den Spuren einer frühindustriellen Stadtgründung – Ronsdorfs Bandwirkerei .Als 1993 das Ende für die Ronsdorfer Talsperre durch Anordnung der Bezirksregierung verordnet wurde, setzte sich Florian für den Erhalt der Sperre und die unter Schutzstellung der Staumauer ein. Die Neugestaltung des Bandwirkerplatzes hat Florian von der ersten Idee, die er gemeinsam mit Anja Maubach und Georg Janthur präsentierte, durch hohe Protestwellen hindurch als ehrenamtlicher Bauleiter bis zur feierlichen Einweihung in vorderster Front begleitet. Damit der junge Rollrasen anwachsen konnte, bekam er von Florian ausreichend viel Wasser. Eben: ein Mann für fast alle Fälle! Ein weiterer 1999 von ihm geäußerter Wunsch ist längst realisiert: durch den Ascheweg fließt offen der Leyerbach.
Unter Wasser und auf dem Rad
Jenseits aller beruflichen und bürgerschaftlichen Aktivitäten fand Kurt Florian stets Zeit und Raum für sportliche Betätigung. War es zunächst das Sporttauchen, dass er – damals Vorsitzender des Wuppertaler Tauchclubs – nach der Explosion einer Pressluftflasche in seinem Auto aufgab, blieb bis ins Rentenalter das Segeln eine geliebte Beschäftigung. Noch 1999 blickte Kurt Florian gemeinsam mit seiner Frau Renate auf viele, viele Kilometer auf den Fahrrädern zurück. Ob in Deutschland von Ronsdorf zum Bodensee, in Österreich von Graz nach Wien, entlang von Donau, Weser und Mosel, oder durch französische Landschaften – Radtouren bestimmten die Urlaubsgestaltung der Florians. Seit dem Tod seiner Frau schwingt sich „Kutti“ allein auf den Drahtesel und pflegt die gute Kondition. Der Ambition zum Radfahren ist Kurt Florian treu geblieben. Durch seine zweite Frau Birgit Maaß wird das noch tatkräftig unterstützt. Die Anzahl der Fahrräder hat sich erhöht, damit wird jede freie Zeit genutzt sich fit zu halten.
Pluspunkte
Auf die Frage nach den Vorzügen seiner Heimatstadt erwähnt Kurt Florian den hohen Freizeitwert und das gelungene Umfeld und Flair einer Kleinstadt: „Hier will man nicht mehr weg, wenn man einmal Ronsdorfer Luft geschnuppert und gut eingekauft hat. Es ist irgendwie schön.“

Presseberichte und Ansprachen zu Kurt Florians 80. Geburtstag im Juni 2011 : Kurt Florian 8o Geb.